Dieser Text wurde von Prof. Haim Omer und Dr. Rina Omer verfasst
Vielleicht haben Sie es noch nicht bemerkt, aber die täglichen Pläne die veröffentlicht werden, wie die Beschränkungen aufgrund des Corona-Virus gelockert werden sollen, produziert eine neue unterdrückte Gruppe: Wir, die alten, die Großeltern, die Pensionist_innen.
Die statistischen Modelle dieser Tage zeigen, dass die Beschränkungen für Kinder aufgehoben werden können, jene für Erwachsene müssen langsam aufgehoben werden, da sie essenziell für die Ökonomie sind. Aber die Alten sollen weiterhin Zuhause bleiben, denn sie sind das größte Risiko, die Krankenhäuser zu überlasten und das Gesundheitssystem an den Rand des Kollaps zu bringen. Aber wir sollen alle akzeptieren, dass dies zu unserem Besten ist, um für uns zu sorgen, um uns vor dem Schlimmsten zu bewahren!
Wir glauben daran, dass nun die Zeit gekommen ist, um den Entscheidungsträger_innen mitzuteilen: „Vielen Dank! Wir werden für uns selbst entscheiden, wie wir die Restriktionen lockern werden. Wir übernehmen die Verantwortung für uns selbst und werden uns nicht einer paternalistischen Ideologie beugen, die uns das Recht nehmen will, anständig zu leben!“
Zuallererst möchten wir unsere Bedürfnisse und Wünsche ausdrücken. Das Wichtigste für uns ist, unsere Familien zu treffen, und nicht nur über Zoom. Wir möchten unsere Kinder, Enkelkinder, Neffen, Nichten, Cousinen und Freunde sehen – nicht nur über Computer-Bildschirme, sondern auch in Fleisch und Blut! Wir entscheiden, wann wir bereit sind, sie zu umarmen und feststellen, wann wir es einfach tun müssen! Und wir erlauben uns zu fordern, dass – falls wir krank werden und vielleicht sogar in Gefahr sind zu sterben – die Gesellschaft Wege finden muss, dass unsere Lieben zu uns kommen und uns verabschieden können! Wir fordern dies, das bedeutet, dass unser Schutz nicht nur ausgerichtet ist daran, uns in ein einsames und steriles Eck zu drängen, sondern auch zu kommen und sich von uns zu verabschieden, wenn dies nötig sein sollte!
Wir und nicht die offiziellen Entschiedungsträger_innen werden entscheiden, wann und unter welchen Umständen wir unsere Familien besuchen werden! Am Pessah-Abend hat uns unsere Freundin Ana Guelman (70 Jahre alt) gesagt, dass sie zu ihrer Familie fahren wird, um gemeinsam dieses abendliche Festessen zu haben – trotz des Vetos der Regierung. Sie wollte bei ihnen sein, natürlich, aber vielleicht war der letzte Auslöser für die Entscheidung das offizielle Verbot! Ihre Teilnahme an dem Festessen hat ihren Protest ausgedrückt. Pessah ist das jüdische Befreiungsfest, und wir sind angehalten, die Freiheit auch von den neuen Formen der Unterdrueckung zu fordern, auch von solchen die nur gestern erfunden wurden.
Die Feste und Aktivitäten, die unser Leben mit Sinn gefüllt haben, sei es die Arbeit, Familie, die Rolle als Großeltern, Freunde und Freizeit, sind stark eingeschränkt worden. Dies trifft natürlich auf alle zu, nicht nur auf die Älteren. Aber dass für alle anderen die Einschränkungen aufgehoben werden sollen, nur für unsere Gruppe nicht, ist eine reine Diskriminierung!
Es wird als selbstverständlich angesehen, dass wir Alten eineinhalb Jahre darauf warten sollen, bis es eine Impfung gibt! Junge Menschen und Erwachsene mussen nicht abwarten, sie sind doch unerlässlich für die Ökonomie. Eigentlich können wir weniger abwarten als sie. Wir wissen nicht wieviel Zeit wir noch haben. Unser Horizont ist viel kürzer.
Deshalb kündigen wir hiermit an: Wir werden unsere Kinder und Enkelkinder einladen und uns Sicherheitsregeln überlegen, die für sie und für uns richtig sind. Wir werden unsere Freunde und Freundinnen einladen und uns mit ihnen treffen und uns dabei an Regeln des Abstandhaltens halten, so wie es für uns richtig ist. Und jetzt kommt die skandalöseste Ankündigung: Wir werden entscheiden, wann es für uns richtig ist, unsere Kinder zu umarmen! Wir haben gerade festgestellt, dass wir unsere jüngste Tochter seit über einem Monat nicht umarmt haben. Es ist Zeit, das in Ordnung zu bringen! Unser Sohn Michael hat unseren Notruf gehört und gesagt: „Wir werden die Restriktionen selbst lockern. Wir werden für uns selbst Verantwortung tragen. Wir werden kommen und euch besuchen, und wenn wir das Gefühl haben, dass die richtige Zeit gekommen ist, dann werden wir uns umarmen. Wir werden nicht auf die offizielle Genehmigung warten, das zu tun! Wir werden keine Allergie gegen Umarmungen entwickeln!“. Das waren die trostendsten Worte, die wir seit langem gehört haben. Wussten Sie, dass nicht nur Babys und Kleinkinder Berührungen brauchen, sondern auch alte Menschen?
Wir empfehlen keine unverantwortlichen Handlungen! Auf Basis der Vorgaben der Behörden werden wir abwägen, wie wir für unsere Sicherheit und die Sicherheit unserer Familie und Freunde am besten sorgen. Es ist aber nicht akzeptabel, dass Anordnungen für uns, alte Leute, ganz anders sind als die für jüngere Menschen. Wir wissen sehr gut, wenn nicht besser als jüngere Menschen, wie wir für unsere Sicherheit und die Sicherheit unserer Teuren sorgen können. Dieses Recht werden wir weiterhin wahrnehmen und einfordern.
Übrigens, wir sind beide Klinische Psychologen und wir haben beschlossen, dass wir in einer Woche unseren Klient_innen mitteilen, dass jene, die wieder zu unseren Sitzungen kommen möchten, willkommen sind. Wir werden sie bitten ihre Hände zu waschen und fragen, ob sie Symptome haben. Aber darüber hinaus werden wir es durchziehen und das Risiko entsprechend einschätzen. Isolation, fehlender Sinn und Hilflosigkeit töten am grausamsten. Der Engel des Todes kann viel gnädiger sein.
Ihr sind eingeladen auch die anderen Posts in meinem Blog zu besuchen!
www.haimomer-nvr.com
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